PlayTime - Interview
Ausgabe 04/1992
Autor Hans Ippisch |
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Lethal Xcess
Stahlharte Programmierer
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Für die neueste Ausgabe der Dream Academy machten wir uns auf die
Suche nach den Programmierern von Lethal Xcess - Wings of Death II. Marc
Rosocha, der vor knapp einem Jahr sein Softwarehaus ECLIPSE gründete,
versammelte neben den beiden Programmierern noch ein gutes Dutzend weiterer
Mitarbeiter um sich und stand uns Rede und Antwort.
Über die Demoszene
Claus Frein (22), der Programmierer, und Heinz Rudolf (23), der Grafiker,
hatten sich in der Demoszene bereits einen guten Namen gemacht, als sie sich
Anfang 1991 entschlossen, ein komplettes Spiel zu entwickeln. Es sollte sich um
ein vertikal scrollendes Actionspiel im Stil von Xenon handeln. Zufälligerweise
trafen sie eines Tages auf Marc Rosocha, der gerade plante einen Nachfolger für
seinen Ballerknaller Wings of Death zu entwickeln. Zusammen entschieden sie dann
naheliegenderweise, das Spiel, an dem Claus und Heinz gerade arbeiteten, zum
Nachfolger zu machen. Es lag nämlich genau auf der gleichen Produktlinie und
Marc konnte den Programmierern mit seinen Erfahrungen behilflich sein.
Zur Spielentwicklung
Das eigentliche Programm zum Spiel war relativ schnell fertig. Technische
Finessen, wie zum Beispiel bis zu 150 Objekte gleichzeitig auf dem Screen,
bereiten dem Programmierer keine allzu großen Probleme. Für die verschiedenen
Flugbahnen der Gegner wurde extra ein Editor programmiert, der es erlaubte,
komplexe Abläufe speicherplatzsparend abzulegen. Die Flugbahnen benötigten so
am Ende pro Level nur noch zehn bis fünfzehn Kilobyte. Wesentlich mehr Zeit
mußte dann allerdings in das Playtesting gesteckt werden. Das Spiel sollte
keine unfairen Stellen enthalten und jede Spielsituation sollte mit Geschick zu
überstehen sein. Besonders wichtig erschien es den Programmierern, die Extras
gut zu verteilen. Es sollte nicht passieren, daß man das Spiel beenden muß,
wenn man einmal ein Leben verloren hat, wie es in einem Konkurrenzspiel
(dessen Name ich fairerweise nicht nennen will)
vorkommt. Man sollte nach einem Lebensverlust mit etwa den gleichen Chancen
weiterspielen können, wie es ohne Verlust der Fall gewesen wäre. Das Spiel
selbst läuft grundsätzlich nur mit 17 Hertz ab (außer im FAST-Modus),
das heißt, daß der Bildschirm pro Sekunde siebzehnmal neu aufgebaut wird. Das
ist die Erklärung für das leicht ruckelige Scrolling, denn für das
menschliche Auge ergeben sich erst ab 50 Hertz fließende Bewegungen. Wegen
dieses technischen Mangels ist das Spiel allerdings auch bei hoher Gegneranzahl
optimal spielbar. Ein weiterer Vorteil dieser (für den Amiga) technischen
Schwäche ist die Tatsache, daß die Atari ST-Version identisch zur Amigaversion
ist. Es nutzt übrigens als eines der wenigen Programme die STE-Version und
Blitter aus. Ein technisches Kabinettstückchen par excellence ist den
Programmierern mit den Multiformat-Disketten gelungen. Auf den zwei Disketten
sind sowohl die Amiga-, als auch die ST-Version enthalten. Die Großhändler
willen dieses Schnäppchen allerdings nicht nutzen, und fordern weiterhin
getrennt Amiga und ST-Versionen an, die eigentlich in einer Verpackung wären.
Die Zukunft
Aufgrund der geringen Stückzahlen, die sich von ST-Spielen in Europa nur
noch absetzen lassen, wollen sich die Programmierer in Zukunft auf den Amiga
konzentrieren und dessen technische Vorteile nutzen. Ein erstes Bild ihres neuen
Spiels läßt erkennen, daß es sich um eine konsequente Weiterentwicklung von
Lethal Xcess handeln wird. Sehr viele und vor allem große Gegner werden sich
auf dem Screen tummeln, der ebenfalls leicht vertikal scrollen wird.
Die persönlichen Vorlieben
Beide spielen äußerst gerne auf Konsolen und halten die PC-Engine nach wie
vor für die attraktivste. Heinz bevorzugt Actionspiele wie Thunderforce II, das
ihm allerdings zu leicht war, und actiongeladene Jump'n Run-Spiele. Claus
hingegen bevorzugt Hardcore-Actionspiele und verzichtet auf andere Spielgenres.
Die C64-Version
Der ehrgeizigen Aufgabe, von Lethal Xcess eine C64-Version zu entwickeln,
haben sich Programmierer Mario Knezovic und Grafiker Oliver Lindau angenommen.
Beide haben sich schon durch die C64-Version von Rolling Ronny einen guten Namen
gemacht. Die ersten Bilder lassen im grafischen Vergleich sogar die
16-Bit-Version blaß aussehen. Technisch wollen sie das beste C64-Programm aller
Zeiten hinbekommen. Sollten sich in der Endversion tatsächlich neben zwei bis
drei Zeichensätzen auch noch bis zu 40 Sprites auf dem Screen tummeln, und dem
Spielablauf der ST-Version kopieren, hätten sie tatsächlich einen Oskar
verdient. Zu Ostern werden wir mehr darüber wissen. Bis dahin soll die Version
stehen. (hi)
©1992 PlayTime (Hans Ippisch)
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